erschienen auf Agentur Zukunft
Klar geht es in diesem Buch um Gift. Das Schlüsselwort ist für mich aber umdenken. Oder ist es vielleicht Lüge? Die unzähligen Lügen, die das Umdenken verhindern? Denn wie wir heute mit unserem Leben umgehen, ist der blanke Irrsinn. Es ist fast – und nur wenig übertrieben – als würde ich allmorgendlich eine Prise Strychnin auf mein Müsli streuen. Panikmache? Nein, ich bekenne mich nur zu meiner Bereitschaft, die skandalöse Realität zu erkennen und zu benennen. Zu erklären, ”wie der Tod über die Äcker kam” ist schwere Kost. Hier aber wird sie in großartiger Weise aufbereitet. Den Autoren gelingt es, den Kern auch hochkomplexer wissenschaftlicher Sachverhalte verständlich darzulegen. Ziel der Herausgeber ist es, den Leser urteilsfähig zu machen. Das ist ihnen gelungen. Gerade angesichts der vielen Lügen sollen wir den Sachverhalt verstehen. Dann erst können wir auch umdenken und handeln. “Wir plädieren für einen fundamentalen Systemwechsel,” so Forster und Schümann in ihrer Einleitung, “der dem Leben in seiner Vielfalt wieder gerecht wird.” (S. 22)
In drei Stufen wird der Leser an die Erkenntnis herangeführt, dass es so nicht weiter gehen kann mit der Vergiftung unserer Lebensgrundlagen. Und wie wir dem ein Ende setzen können. Im ersten Teil “Das vergiftete Leben” (S. 32–147) lernen wir, die Schäden zu erfassen und die Risiken zu verstehen. Im zweiten Teil kündigen die Herausgeber an, “politische, rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte des Einsatzes von synthetischen Pestiziden” zu beleuchten (S. 22). Einfacher ausgedrückt: Nachdem sie den Schaden erfasst hat, enthüllt die Ermittlung jetzt, wer die Täter sind und warum sie so lange ungeschoren davon gekommen sind (“Das Panorama” S. 145–233). Besonders dankbar muss man sein für den dritten Teil dieses Werkes, “Das Zukunftsbild” (S. 234–411). Oft stürzen uns kritische Bücher über den Zustand unserer Welt und unserer Gesellschaft in Depression. Das aber führt zu Untätigkeit. Dagegen kommen hier Praktiker zu Wort. Menschen, die gezeigt haben, dass es anders geht, ganz anders. Während Agrar-Industrie-Ministerin Julia Klöckner unwürdig spottet über die Unmöglichkeit einer “Rückkehr nach Bullerbü” ist bei unzähligen Praktikern weltweit “Landwirtschaft ohne Pestizide bereits seit Jahren Alltag…” (S.22).
Hier erkennen wir, wie sehr “das System” am perversen Gedanken festhält, dass Fortschritt mit Gewinnmaximierung gleichzusetzen ist. Was uns Tag für Tag als “wirtschaftliche Vernunft” vorgepredigt wird, ist bloß Ausdruck der Raffgier, der grundsätzlichen Attitüde der Profiteure dieses Systems. Wenn Julia Klöckner begeistert verkündet, dass halbherzige und erst 2023 in Kraft tretende Änderungen der EU-Agrarpolitik ein “Systemwechsel” seien, beweist sie nur, wie wenig sie sich um Natur und Umwelt schert. Noch immer werden 80 Prozent der milliardenschweren EU-Agrarsubventionen nach Flächenbesitz an die Bauern verteilt. Und davon profitieren in erster Linie Großgrundbesitzer. Das System steht, unerschütterlich. Das System aber begeht Mord. Mord an der Natur. Mord am Erdreich. Mord an der Artenvielfalt. Und auch Mord an den schwächsten Menschen, die auf der untersten Ebene dieses zerstörerischen Systems leben.
Aber warum lassen wir es gewähren? Weil sich durch Goebbelssche Wiederholung von Lügen eine parallele “Wahrheit” in unseren Köpfen festgesetzt hat, in der sich Lügen zu einer unanzweifelbaren Wirklichkeit gefestigt haben. Paradebeispiel: “Nur industrielle Landwirtschaft kann die wachsende Weltbevölkerung ernähren.” Da mögen noch so viele Berichte und Analysen – etwa von der Uno-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO – das Gegenteil beweisen, die Verfechter des Giftes wiederholen immerzu nur ihre Zwangsvorstellung: “Nur industrielle Landwirtschaft kann die wachsende Weltbevölkerung ernähren” (der Satz in der Suchmaschine findet zahlreiche Treffer).
Lasst uns nun genauer auf die einzelnen Kapitel dieses Werkes eingehen: In den zehn Kapiteln des Abschnitts “Das vergiftete Leben” (S. 32–147) erfahren wir zunächst, wie brutal sich Pestizide durchgesetzt haben und wie sie uns und unsere Umwelt vergiften. “Unser täglich Gift” (S. 34) bringt es auf den Punkt: Das Gift ist überall, auch in der Antarktis, und es wird nicht einmal richtig erhoben, wo und wie viel davon versprüht wird. Ein Kapitel fasst zusammen, wie es dazu kam, dass wir in 180 Jahren lernten, uns so massiv zu verpesten (“Der Weg in die Abhängigkeit”, S. 42). Autor Lars Neumeister zieht bitter Bilanz: “So bleibt die Geschichte der Pestizide von Anfang bis heute eine Geschichte des staatlichen Versagens” (S. 53). Festgefügt und scheinbar unerschütterlich ist das System auch dank der Ausbildung. “In keinem Ausbildungsberuf sind Lernziele so von Interessen bestimmt,” klagt Joseph Amberger (S. 62). Die Ausbildung mag zwar “dual” genannt werden, ist aber in der Praxis ein gezielter Drill zum Pestizidanwender. Nachdenklich stimmt uns Autorin Tanja Busse in “Das Sterben der Anderen” (S. 66). Das Verschwinden des Wiedehopfes ist nur ein Symptom unter vielen der kranken Natur, die wir durch Überdüngung, Vergiftung und Flurbereinigung erschaffen haben. Dabei wussten wir, was wir taten: “Seit mehr als 100 Jahren ist uns bekannt, welche Strukturen wir brauchen, um die biologische Vielfalt unserer Kulturlandschaft zu erhalten” (S. 70). Wir wissen es, tun aber nichts. Vielleicht, weil ein Aktionär von Bayer-Monsanto schwerer wiegt als ein einfacher Bürger? Und weil sich dieser Bürger oder diese Bürgerin zu leicht ablenken lässt durch die wunderbaren Tier-Dokus am Fernsehen, sodass das Fehlen der Feldlerche, des Wiedehopfes oder des Rotkopfwürgers auf dem sonntäglichen Spaziergang gar nicht mehr auffällt?
Warum tun wir nichts? Warum haben wir so lange nichts getan? Was können wir denn tun? Dieses Buch lesen und urteilsfähig werden ist ein erster Schritt.
In weiteren Kapiteln von „Das Gift und wir“ erklären Experten, wie das Gift vom Acker in unsere Gewässer gelangt (S. 78). Das ergibt Folgekosten, für die wir alle aufkommen. Müssten das nicht die Giftkonzerne bezahlen? Dabei sind Kosten noch das geringste Übel. Von Chemikern erfahren wir, wie fahrlässig die “Sicherheitsstandards” festgelegt werden. Das Vorsorgeprinzip wird mit Füßen getreten, wer warnt – und so Gewinne gefährdet – wird der Panikmache bezichtigt. Verharmlosung ist zum offiziellen Standard geworden. Als wären Boden und Wasser nicht schon genug, finden wir die giftigen Chemikalien auch in der Luft, die wir atmen. Ein Buchstabensalat kennzeichnet die toxikologische Bewertung der verkauften Pestizide und gaukelt uns vor, dass hier akribisch genau geprüft werde. Dass wir nun alle verstehen können, was MRL, ADI, NOAEL oder ALARA bedeuten, verdanken wir Peter Clausing im Kapitel “Wertlose Werte” (S. 98) . Was der Salat uns tatsächlich beschert ist aber “trügerische Sicherheit”. In mehreren Kapiteln erfahren wir, wie wertlos Zulassungsverfahren sind, wie überall Grenzwerte überschritten werden, sodass die Behörden die Vergiftung verwalten statt sie zu bekämpfen, und wie blind die Testmethoden sind, sodass wir nur ungenau wissen, was für Folgen der Giftkrieg gegen die Natur auf Bienen oder sogar auf unsere Kinder hat.
Damit wir nie vergessen, worum es geht und wofür wir kämpfen müssen, beschreiben kurze und schön illustrierte “Verlustanzeigen” jeweils ein Lebewesen, das ganz oder fast verschwunden ist: Ob Baumweißling, Rotkopfwürger, Feldlerche oder Bachforelle, sie sind alle in Gefahr.
Der zweite Teil des Buches heißt “Das Panorama” (S. 148). Es fängt mit zwei Kapiteln über Glyphosat an. Kein Gift illustriert so deutlich, wie es beim Thema Agrargift zu einem massiven “Systemversagen” (S. 151) gekommen ist. Kein Beispiel zeigt so deutlich, wie mächtig die Vergifter-Lobbies sind. “Wenn die Kontrollbehörden bei der Industrie abschreiben” lautet der Untertitel des Kapitels “Der Fall Glyphosat 1” (S.150). Auch die “bewußte Fälschung von Studieninhalten” (S. 157) gehört zur Prozedur, wenn es um die Zulassung von Giftstoffen geht. Wo wir rechtlich stehen erklärt uns das Kapitel “Rechtsfragen” (S. 174). “Das Vorsorgeprinzip ist ein Kernprinzip der EU-Rechtsgestaltung” heißt es (S. 175). Doch durch die Praxis der von der Industrie dominierten Zulassungen, wird dieses Kernprinzip schlichtweg ignoriert. Zwar ist “das EU-Recht eines der strengsten der Welt, allerdings nur theoretisch, da es in der Praxis nicht vollständig umgesetzt wird” (S.177). Durch Untätigkeit, also Verschleppung, werden auch die besten Gesetze ausgehöhlt und wirkungslos. Das Kapitel über die Zulassungskämpfe um Glyphosat ist wie ein Krimi, hoch spannend zu lesen. Es ist aber schwer, gegen Konzerne juristisch vorzugehen. “Im Jahr 2015 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Bürgerinnen und NGO eine Genehmigung des Wirkstoffs durch die Kommission nicht anfechten können” (S.183). Doch Industrie und Mitgliedstaat können Entscheidungen der Kommission anfechten.
So läuft der Kampf gegen Glyphosat stockend und überall etwas anders. Ein Verbot scheint sich in Österreich durchzusetzen. Frankreich war voran geprescht, dann erfolgte in einer überraschend einberufenen, nächtlichen Sitzung des Parlaments ein Rückzieher. Das Europa-Parlament hat schon 2017 für ein Verbot von Glyphosat gestimmt. Aber wird etwas geschehen? Bayer-Monsanto wiegt auch in Brüssel mehr als die Bürger der EU. In den USA dagegen erzielten Kläger Entschädigungen von Monsanto, die dem neuen Hausherren Bayer noch Milliarden kosten könnten. Über Glyphosat, das im Pflanzenkiller Roundup weit verbreitet ist, gibt es zahlreiche Videos im Netz, etwa vom Wissenschaftler, der meint, man könne das Gift trinken, dann aber zurückschreckt.
Der Blick über die Grenzen auf den Handel mit Agrargiften enthüllt eine neokolonialistische Doppelmoral, die einer Demokratie nicht würdig ist. “Hochgefährliche Pestizide, die in Europa längst verboten sind,” schreibt Autorin Ulrike Bickel, “dürfen weiterhin in Entwicklungsländer exportiert werden…” (S. 189). Die Geschäfte, die Konzerne wie Bayer-Monsanto, BASF oder Syngenta in Entwicklungsländern machen, sind so groß, dass sie schwer einzudämmen sind. Geld wiegt auch hier mehr als Moral. Die erfolgreiche Lobby-Arbeit der Giftmischer hat offenbar dazu geführt, dass sich offizielle Stellen wie die Welternährungsorganisation FAO oder die Weltgesundheitsorganisation WHO nicht einmal dazu entschließen können, eine Liste hochgiftiger Wirkstoffe zu erstellen. Das hat aber die in Malaysia gegründete NGO Pesticide Action Network getan. “Weltweit sind PAN zufolge rund tausend Pestizidwirkstoffe in Gebrauch,” schreibt Ulrike Bickel, “davon sind dreihundertzehn hochgefährlich…” (S.190). Längst ist bekannt, dass “Selbstvergiftung mit Pestiziden eine der häufigsten Suizid-Methoden ist” (S.191). Doch der Verbrauch steigt ungehemmt, von 2,3 Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf 4,1 Millionen Tonnen 2019. Schon 1990 ging die WHO davon aus, dass sich über 25 Millionen Menschen in der Landwirtschaft mindestens einmal im Jahr mit Pestiziden vergiften. Und weltweit sterben rund 200.000 Menschen jährlich durch Agrargifte.
In weiteren Kapiteln von “Das Gift und wir” erfahren wir, wie einträglich das Geschäft mit den tödlichen Giften ist. Fünf Konzerne beherrschen mit Umsätzen von über 57 Milliarden Dollar (2018) den Markt. Die Konzerne sind BASF, Bayer, Corteva Agriscience, FMC und Syngenta. “Die Bevorzugten Märkte der fünf Agrochemiegiganten sind Entwicklungs- und Schwellenländer” (S. 209). Auf diese Länder entfallen fast 60 Prozent der Gift-Verkäufe. Ein Kapitel über “Die wahren Kosten” (S. 216) klärt uns auf, was die Zerstörung der Gesellschaft wirklich kostet, von Klimaschäden bis zur Zerstörung von Böden. Die FAO “schätzt die gesamten versteckten Kosten der Lebensmittelproduktion auf 2,1 Billionen US-Dollar für Umweltkosten und 2,7 Billionen für gesellschaftliche Kosten jährlich…. Lebensmittel sollten daher doppelt so teuer sein, um die tatsächlichen Kosten auszugleichen” (S. 222).
Ein Beispiel der Dürreresilienz eines Biohofes (S. 222) zeigt uns, wie die Befreiung von Gift zugleich den Wassermangel bekämpft. Der biologische Anbau speichert Wasser, schont das Klima, schützt die Biodiversität und fördert die Gesundheit. Was dagegen? Das letzte Kapitel dieses Abschnitts vergleicht am Beispiel Österreich “Was kostet welche Landwirtschaft?” (S. 226) Man findet hier keinen einzigen Grund, um nicht auf Bio umzusatteln.
Nach all den deprimierenden Missständen wirkt der letzte Teil des Buches, “Das Zukunftsbild” wie eine Befreiung (S. 234). Es ist eines der Stärken dieses Werkes, dass wir hier keine Aussteiger-Träume oder utopische Visionen zu lesen kriegen. In 21 Kapiteln und über 170 Seiten lernen wir, dass es anders geht und wie es anders geht. Heute schon. Praktisch. “Agrarökologie sticht Agrarchemie” versichert Felix zu Löwenstein einführend. Das hat sich herumgesprochen, was eine schnelle Recherche im Internet bestätigen wird (auf der Webseite de Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft kommt der Begriff aber ganze 11 mal vor, was einiges über deren Prioritäten sagt). Optimistisch sagte der ehemalige FAO-Chef Graziano da Silva 2012: “Wir haben 100 Jahre gebraucht, die Chemie in die Landwirtschaft einzubringen. Wir werden sie deutlich schneller wieder loswerden” (S. 243). Die Voraussetzung dafür beschreibt Claudia Daniel im Kapitel “Die Alternativen” (S. 244). Allen Maßnahmen voran stellt sie das Umdenken.
Wie schwer das ist, kann man im Gespräch mit einem Landwirt leicht feststellen. Denn er steckt mehrfach in der Zwickmühle. Er muss immer mehr investieren, um bei stets sinkenden Preisen mithalten zu können. Er muss sich verschulden, um noch mehr produzieren zu können. Die Menge ist das Mass aller Dinge! Der Landwirt weiß, dass die Umstellung auf Bio zunächst Verluste bringen wird. Und wer hilft ihm dabei?
In diesem Buch erfährt er nun von Vorreitern, die den Schritt gewagt haben. Hier lesen wir über praxistaugliche Verbesserungsvorschläge, über politische Szenarien, die mancherorts und meist auf lokaler Ebene die Giftwirtschaft zurückdrängen. Beispiele finden sich in der Schweiz (ca. 16 Prozent der Fläche auf Bio umgestellt), in Österreich (30 Prozent) und in Deutschland, das mit neun Prozent Bioflächen deutlich hinterher hinkt. Das Buch beschreibt Erfolgsmodelle ohne Pestizide, sei es im Obst-, Wein- oder im Ackerbau. Im Interview lernen wir vom “Regenwurmbauern” Sepp Braun (S. 340), der sein Umdenken als “innere Haltung von uns Menschen der Natur gegenüber” definiert (S. 341). Wenn die Medien die Kuh als “Klimakiller” schimpfen, kontert Braun “… wir Menschen haben die Kuh erst dazu gemacht, indem wir sie in industriellem Maßstab falsch ernähren.” (S. 343). Einen “Regenwurmbauern” habe ich schon Anfang der 80er Jahren in brasilianischen Bundesstaat Paraná getroffen. Er zeigte mir stolz seinen schwarzen Humus voller Würmer. Und daneben das Feld des immerzu Kunstdünger und Agrargift versprühenden Nachbarn, das zu einem staubigen, leblosen Substrat verkümmert war. Wer heute Veränderung fordert, predigt also nichts Neues. Wir müssen vor allem stoppen, was falsch läuft, verlangt Bernward Geier: “Man muss kein Anhänger von Katastrophenszenarien sein, um zu sehen, dass wir im Galopp dabei sind, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören” (S. 318). Der Weg aus dem Schlamassel heraus ist vorgezeichnet: “Schon jetzt ist biologischer Landbau mit über drei Millionen zertifizierten Biobetrieben in 181 Ländern eine weltumfassende Realität” (S. 316).
Das aber reicht noch nicht. Es braucht einen Paradigmenwechsel. Dazu müssen wir Mythen und Lügen bekämpfen: “Ein Mythos auf dem Prüfstand” (S. 378). Der Mythos etwa, dass nur die industrielle Landwirtschaft die Bevölkerung ernähren kann. Es braucht politischen Willen, wie der etwa von Pawan Chamling, der als Präsident des kleinen indischen Bundesstaates Sikkim sein Land auf “100 Prozent Bio” umstellte (s. 328). Es braucht Wissenschaftler, wie die indische Aktivistin Vandana Shiva, die “Agro-Ökologie als wissenschaftlich fundierte Form der Landwirtschaft…” fördert und praktiziert (S. 320). Sie fordert sofortiges Umdenken mit der Kampagne “Hundert Prozent Bio bis 2030”.
Wir brauchen auch überzeugende Beispiele in der Nähe, wie das im 8. Jahrhundert von einem irischen Mönch gegründete einstige Klostergut Fintan (S. 284). Als defizitärer Betrieb gab der Hof einst gerade zwölf kantonalen Angestellten Arbeit. “Jetzt arbeiten in der engeren Landwirtschaft gut fünfunddreißig Menschen und in all den entstandenen Nebenbetrieben rund hundertfünfzig Mitarbeiter” rechnet Martin Ott (S. 293).
Als Abschluss dieses großartigen Werkes schreibt Martin Ott einen Rückblick aus dem Jahr 2068: “Zurück in die Gegenwart” (s. 402). Hier zeigt er, dass der notwendige “groß angelegte Umbau der Wirtschaftsweise” keine Utopie ist, sondern ein klarer Weg, den wir beschreiten müssen, wenn wir die Natur erhalten und unseren harmonischen und gesunden Platz darin finden wollen.